Der Staatssekretär im NRW-Bauministerium Daniel Sieveke (CDU), die Vizepräsidentin für Lehre und Nachhaltigkeit Professorin Dr.-Ing. Yvonne-Christin Knepper-Bartel, Professor Dr. Christoph Nolte, Dekan des Fachbereichs Bauingenieurwesen und Spititus rector des ZNDB.OWL, Detmolds Bürgermeister Frank Hilker und TH OWL-Präsident Professor Dr. Jürgen Krahl (v.l.) freuen sich über die vorgestellte Potenzialanalyse. Ihr folgt nun eine Machbarkeitsstudie zum geplanten Zentrum für nachhaltiges digitales Bauen.NRW. Im Hintergrund ist der Roboterarm zu sehen, mit dem am Kreativ Campus Detmold bereits digital gebaut werden kann. Foto: TH OWL

Das von der Technischen Hochschule Ostwestfalen-Lippe angedachte „Zentrum für nachhaltiges digitales Bauen.NRW (ZNDB.NRW) wird von der ostwestfälischen Wirtschaft nachgefragt. Das ist das Ergebnis der Potenzialanalyse, die das Beratungsunternehmen agiplan GmbH aus Mülheim an der Ruhr für die TH OWL erarbeitet hat. Danach ist die hohe Inter- und Transdisziplinarität des Konzeptansatzes einmalig im Bereich der Forschung und Lehre zum digitalen Bauen.

 

Auch die Abbildung der gesamten Wertschöpfungskette mit dem Fokus auf die digitale Fertigung kommt bei der Industrie an, weil sie das bereits gut etablierte digitale Planen mit der digitalen Produktion vor Ort verbindet. Positiv zu Buche schlägt auch die hohe Anwendungsorientierung. Gleichzeitig wird die gesamte Bandbreite von niederschwelligen bis zu hoch spezialisierten Angeboten seitens eines solchen Zentrums von der heimischen Bauwirtschaft nachgefragt.

 

Die Potenzialanalyse ist jetzt im Rahmen einer Präsentation Daniel Sieveke, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen, übergeben worden. Der Paderborner lobte das ganzheitliche Konzept des Ansatzes. Die geplante Zusammenarbeit unterschiedlicher Fachbereiche, Wirtschaftsunternehmen sowie Verbänden sei ein Ausdruck für die gelebte Zusammenarbeit in Ostwestfalen-Lippe. „Es gibt bestimmte Dinge nur in OWL, weil wir eine spezifische DNA haben, die uns nicht bei den Herausforderungen stehen lässt, sondern uns dazu bringt, nach Lösungen zu suchen“, so Sieveke während der Präsentation der Analyse.

 

Es sei richtig, die Nachhaltigkeit beim Bau in den Blick zu nehmen, weil der Bedarf da sei. „Wir brauchen Lösungen auf die Herausforderungen mehr Wohnraum nachhaltig, ressourcenschonend und bezahlbar zu schaffen. Dafür brauchen wir nachhaltiges, digitales Bauen“, sagte Staatssekretär Sieveke. Entscheidend für den Erfolg des geplanten Kompetenzzentrums sei, dass hier Partner mit im Boot seien, die sagen „Das probiere ich aus.“

 

Zuvor hatte TH OWL-Präsident Professor Dr. Jürgen Krahl die vorgelegte Potenzialanalyse als „Meilenstein für die Hochschule“ bezeichnet. Der Kreativ Campus Detmold wachse Stück für Stück weiter. Und dies sei auch eine besondere Geschichte der Zusammenarbeit. „Den KreativCampus Detmold e.V. bilden die Stadt Detmold, der Kreis Lippe, die IHK, die Sparkasse, die VR-Bank und zudem drei Hochschulen: die TH OWL ist ein Teil dieses Campus Vereins, weitere Mitglieder sind die Hochschule für Musik Detmold und die Universität Paderborn“, erläuterte Krahl. Alle drei forschten im künftigen KreativInstitut.OWL gemeinsam im Sinne der Digitalität im Bereich der Kreativwirtschaft, eingebettet im Kreis Lippe und in OWL. „Dies zeigt, dass wir nicht nur akademisch agieren, sondern Wissen in Wirkung wandeln.“

 

Vor diesem Hintergrund sei das nachhaltige digitale Bauen ein elementares Grundbedürfnis. „Wir wollen bundesweit jährlich 400.000 Wohnungen bauen, das machen wir derzeit nicht“, so der TH OWL-Präsident, der das geplante Zentrum für nachhaltiges, digitales Bauen in den Kontext der weiteren Forschungsschwerpunkte der TH OWL stellte: „Es gibt in zwanzig bis dreißig Jahren vielleicht zwei Milliarden Menschen mehr auf der Welt. Auch diese Menschen benötigen Nahrung: die TH OWL forscht zu Precision Farming und hat die Future Food Factory.OWL in Betrieb. Die Menschen brauchen auch Energie; die TH OWL forscht an zukünftigen Energieformen und an Gleichstromnetzen.

 

Und die Menschen brauchen Wohnungen ,Häuser und Infrastruktur. Hier setzt das Zentrum für Nachhaltiges Digitales Bauen an: Das sehr große Potenzial an CO2-Einsparungen im Bau und auch die Digitalisierung am Bau führen dazu, dass Prozesse schneller und energie- und CO2-ärmer ablaufen können“, so Krahl. Für ihn könne das Konzept des Zentrums für nachhaltiges, digitales Bauen ein echtes Alleinstellungsmerkmal in OWL und in Nordrhein-Westfalen sein. „Eine so intensive und inter- wie transdisziplinäre Beschäftigung mit dem Thema ‚nachhaltiges und digitales Bauen gibt es nach unseren Recherchen sonst nirgendwo in NRW“, so Krahl.

 

Dr. Sebastian Stiehm, stellvertretender Bereichsleiter der agiplan, stellte dann die einzelnen Ergebnisse der Potenzialanalyse vor. So könnten mit dem geplanten ZNDB.NRW viele der Nachhaltigkeits-Ziele der UN angesprochen werden. Entscheidend sei hierbei, dass über das geplante Lern- und Kommunikationszentrum, das Reallabor und der damit verbundene Transfer sowie über das Digitallabor die Bereiche „digitales Planen“ und „digitales Bauen“ miteinander verbunden werden.

 

Die fünf beteiligten Fachbereiche der TH OWL sowie der schon jetzt große Unterstützerkreis sorgten für eine starke Startaufstellung. So arbeiten im Zentrum für Nachhaltiges Digitales Bauen die Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur, das Bauingenieurwesen, die Produktions- und Holztechnik. Das Umweltingenieurwesen und die Angewandte Informatik sowie die Landschaftsarchitektur und Umweltplanung seitens der TH OWL zusammen.

 

Zum Unterstützerkreis gehören neben der Stadt Detmold, dessen Bürgermeister Frank Hilker als Vorsitzender des Trägervereins des Kreativ-Campus ebenfalls bei der Präsentation anwesend war, und dem Kreis Lippe auch die GILDE GmbH, die Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe zu Bielefeld, die Kreishandwerkerschaften Paderborn-Lippe und Höxter-Warburg, das Handwerksbildungszentrum (HBZ) Brackwede, der Bundesverband Garten-, Landschafts-und Sportplatzbau e. V. sowie große Unternehmen aus der Baubranche wie Goldbeck, Schüco, Bremer und RRR Stahl- und Gewerbebau. Damit könne man die Bedarfe von Wirtschaft, Verbänden und Kommunen im geplanten ZNDB.NRW gleichermaßen bedienen.

 

Die Potenzialanalyse enthält auch Angaben zu möglichen Mitbewerbern – Technische Hochschulen, Universitäten, Forschungseinrichtungen auf der einen und privatwirtschaftlichen Unternehmen sowie Verbände, Netzwerke und Kompetenzzentren auf der anderen Seite. „Es gibt hier viele Player, aber oftmals fehlt der betriebliche Fokus“, so Stiehm. Hier könne das ZNDB.NRW punkten. Nachhaltigkeit, digitale Herstellung, interdisziplinäre Konzeption und der Fokus auf die Ganzheitlichkeit des Bauprozesses seien hier entscheidende Vorteile.

 

Interviews mit unterschiedlichen Unternehmen der Baubranche rundeten die Frage nach Bedarfen und Anforderungen an ein solches Zentrum ab. Danach sind den Unternehmen Demonstratoren und „Good Practices“ zum Anfassen, Qualifizierungsangebote, Impulse durch Veranstaltungen sowie der Aufbau eines „Baudigitalisierungs- Ökosystems“ wichtig.

 

Entscheidend für den Erfolg des ZNDB.NRW sei allerdings die Zeit. „Wir müssen das Thema schnell umsetzen, um nicht abgehängt zu werden“, so Stiehm. Ein Punkt, den auch Staatssekretär Sieveke umtreibt. „Wenn wir das nicht schnell genug machen, dann machen es andere. Ob die das dann gut machen, ist eine andere Sache“, mahnte der Staatssekretär. Er fand es hervorragend, dass auch das Handwerk von vorn herein in die Überlegungen mit eingebunden worden sei.

 

Den Zeitdruck bestätigte auch Detmolds Bürgermeister Frank Hilker. „Für viele gesellschaftliche Herausforderungen haben wir tatsächlich keine Zeit“, so der Bürgermeister, der vor allem an die Flüchtlingsthematik erinnerte. „Ein Drittel der Kommunen in NRW fangen wieder an, Geflüchtete in ihren Turnhallen unterzubringen. Bei uns ist das zwar noch nicht so. Aber wenn morgen zwei Busse aus den Erdbeben-Gebieten bei uns ankämen, wäre Schluss“, so Hilker, der die Versorgungsproblematik bei der Kinderbetreuung als einen weiteren Punkt nannte. „Es ist für die Eltern nicht nachvollziehbar, dass wir in der Kita eine Ganztagsbetreuung anbieten, und sie die Kinder dann in der ersten und zweiten Klasse wieder nachmittags selbst betreuen müssen“, sagte der Bürgermeister. Hier müssten auch neue bauliche Lösungen her, da an vielen Schulen nicht mehr einfach angebaut werden könne.

 

Nach der Präsentation nutzten die Teilnehmer die Zeit noch für einen Rundgang über den Kreativ-Campus. Dabei erläuterte Professorin Mary-Anne Kyriakou die Bedeutung von modernem Lichtmanagement in Gebäuden. Professor Hans Sachs zeigte sein CAAD-Labor und Professor Dr. Christoph Nolte zeigte die Laborhalle, in der auch der Bauroboter des Fachbereiches seinen Platz gefunden hat.

 

Pressemeldung: TH OWL