„Living in Paradise“ – so interpretieren viele Lipper ihr eigenes Autokennzeichen. Dass sie damit durchaus richtig liegen, zeigen nun die Ergebnisse der Voruntersuchung zum Erprobungs- und Entwicklungsvorhaben (E+E-Vorhaben) „Grüne Infrastruktur in ländlichen Regionen“. Die im Oktober abgeschlossene Voruntersuchung hatte zum Ziel, die Möglichkeiten und Rahmenbedingungen zur Etablierung einer Grünen Infrastruktur auf der regionalen Ebene am Beispiel des Kreises Lippe zu analysieren und ein nachfolgendes Hauptvorhaben sowie die wissenschaftliche Begleitforschung dazu vorzubereiten.
Basierend auf einer Analyse des Plangebietes zu den Themengebieten Biotopverbund, Erholung und Kulturlandschaft wurden dabei räumlich konkret die Elemente der Grünen Infrastruktur im Kreis Lippe identifiziert und Maßnahmen zur Entwicklung der Grünen Infrastruktur abgeleitet. Professor Dr. Boris Stemmer und seine Mitarbeiterin M.Sc. Evelyn Behre hatten im Rahmen dieses Projektes die Aufgabe, die Erholung im Kreis Lippe, differenziert in das Erholungspotential und die Erholungsnachfrage, näher zu untersuchen.
„Wir haben konkret untersucht, in wieweit die Voraussetzungen für die Wochenend- und Feierabenderholung in Lippe günstig sind“, so Boris Stemmer. Dabei kamen sie zu dem Ergebnis, dass es die Nord- bzw. Nordwest-Lipper besonders einfach haben, sich in ihrer Region zu erholen. Denn hier ist die Landschaft besonders schön und – je nach Heimatort – sowohl zu Fuß als auch mit dem Fahrrad und Elektrofahrrad schnell zu erreichen. „Unsere Analysen sind eindeutig, vor allem die Menschen im Nordwesten Lippes sind sehr gut mit hochwertigen erholungswirksamen Landschaften versorgt“, so Behre.
Die Bewertung des Erholungspotentials setzt sich aus dem ästhetischen Gesamtwert der Landschaft und der Erholungsinfrastruktur zusammen, wobei u. a. die Ausstattung mit Wanderwegen und Erholungsinfrastruktur-Elementen berücksichtigt wurde. Auf die Frage, wie denn nun „Landschaftsqualität“ genau zu bemessen sei, bezieht sich das Forscherteam auf das Bundesnaturschutzgesetz: Die Untersuchung beruht auf der Bewertung der Vielfalt (beispielsweise die Vielfalt an Landnutzungsformen), Eigenart (beispielsweise die Eigenart der Landnutzung) und Schönheit (bemessen beispielsweise an den aus einem Fotowettbewerb abgeleiteten charakteristischen, wertgebenden Landschaftselementen) sowie Naturnähe (beispielsweise die Störungsintensität).
Für die Erholungsnachfrage wurde die Erreichbarkeit des Kreises Lippe für die Verkehrsmittel PKW, Fahrrad, Elektrofahrrad sowie für Fußgänger untersucht. Dabei hat Evelyn Behre auch eine interessante Perspektive: „Mit dem Auto kann ich den Kreis Lippe auch innerhalb einer Stunde aus dem Ruhrgebiet heraus erreichen. Aber die Erreichbarkeit für Fußgänger, Radfahrer und Elektrofahrradfahrer ist im Kreis Lippe ebenfalls sehr gut“.
Aus der Überlagerung der Ergebnisse des Erholungspotentials und der Erholungsnachfrage ergibt sich ein Gesamteindruck der Erholung im Kreis Lippe. Dabei wird ein wesentliches Phänomen deutlich, nämlich dass die Erholungsnachfrage im Westen höher ist als im Osten des Kreisgebietes. Dementsprechend hoch ist die Erholungsnachfrage im Bereich des Siedlungsbandes zwischen Bad Salzuflen, Lemgo, Lage und Detmold, wobei das Erholungspotential jedoch gering ist.
Gleiches gilt für die Räume um Lügde und Bad Pyrmont im Osten des Kreises Lippe. Im Bereich des Hauptkammes des Teutoburger Waldes und des angrenzenden Eggegebirges sind sowohl das Erholungspotential als auch die Erholungsnachfrage hoch bewertet. Hohe Bewertungen des Erholungspotentials liegen weiterhin in den waldreichen Räumen im Umfeld von Schieder-Schwalenberg, Blomberg sowie östlich von Lemgo vor, wobei dort die Erholungsnachfrage gering ist.
Im Verlauf des Projektes wurden die Ergebnisse der Erholung mit den Analyseergebnissen des Biotopverbundes und der Kulturlandschaft überlagert und weitere Faktoren in die Untersuchung einbezogen. Aus diesen Ergebnissen wurden im Rahmen des Projektes sieben Schwerpunkträume im Kreis Lippe abgeleitet, welche besondere Bedeutung für die Themengebiete Biotopverbund, Erholung und Kulturlandschaft besitzen. Diese befinden sich u. a. im Umfeld von Bad Salzuflen und Lügde sowie im Bereich des Teutoburger Waldes. Für diese Schwerpunkträume wurden, basierend auf vertiefenden Untersuchungen, themengebietsübergreifende Leitbilder, Ziele und Maßnahmen entwickelt.
In dem auf die Voruntersuchung folgendem Hauptvorhaben soll es darum gehen, die erarbeiteten Maßnahmen im Kreis Lippe umzusetzen. Für die Umsetzung des Projektes wäre der Kreis Lippe gemeinsam mit dem Bundesamt für Naturschutz verantwortlich. Die TH OWL soll bei der wissenschaftlichen Begleitforschung mitwirken, welche die Umsetzung des Hauptvorhaben unterstützen und die Ergebnisse validieren soll.
Pressemeldung: TH OWL