Die Gemeindeprüfungsanstalt NRW nimmt die Kreisverwaltung unter die Lupe und kommt zu einem positiven Ergebnis. Lob gibt es unter anderem für die Entlastung der kommunalen Haushalte.

 

Die Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW) hat sich vom Kreis Lippe im Rahmen der überörtlichen Prüfung ein genaues Bild gemacht. „Wir erleben anspruchsvolle Zeiten für die Kommunalfinanzen. Die Vielfachkrisen – Ukraine-Krieg, Energiekrise, Inflation und Corona-Pandemie – sind Stressfaktoren. Der Kreis Lippe stellt sich diesen Herausforderungen. Er ist durchweg gut aufgestellt und arbeitet hart dafür, dass dies so bleibt“, erklärt die Stellvertreterin des Präsidenten Simone Kaspar anlässlich der Ergebnisvorstellung beim Kreis Lippe.

 

„Ich freue mich sehr über diese positive Gesamteinschätzung der geprüften Bereiche“, sagt Landrat Dr. Axel Lehmann. „Das ist für alle Mitarbeitenden eine Bestätigung ihrer Arbeit in ins-gesamt herausfordernden Zeiten.“ Bis Februar 2023 hat ein Prüfteam der gpaNRW die Themenbereiche Finanzen, Tax Compliance Management System, Informationstechnik, Hilfe zur Erziehung, Hilfe zur Pflege, Bauaufsicht, Vergabewesen sowie Verkehrsflächen geprüft. In einer Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses wurden jetzt die wesentlichen Ergebnisse und Handlungsempfehlungen durch die Projektleiterin Friederike Wandmacher, die gpa-Prüfer Lars Cramer, Theodor Grebe und Thomas Malek sowie gpa-Vizepräsidentin Simone Kaspar vorgestellt.

 

„Die Haushaltssituation hat sich im Vergleich zur letzten Prüfung verbessert. Die Haushaltsjahre 2014 bis 2020 schlossen mit Überschüssen ab. Das Eigenkapital konnte gestärkt werden und die Eigenkapitalquote des Kreises Lippe ist überdurchschnittlich hoch. Wegen der allerdings im interkommunalen Ranking höchsten Verschuldung – Grund hierfür sind die hohen Verbindlichkeiten der Klinikum Lippe GmbH – besteht Handlungsbedarf. Erfreulich ist, dass sich der Kreis dieser Aufgabe bereits stellt und im Rahmen seiner Aufgaben- und Strukturanalyse eigene Konsolidierungsbeiträge erwirtschaftet. Die jährliche Einsparvorgabe sieht mindestens drei Millionen Euro vor“, analysiert gpa-Prüfer Thomas Malek die Prüfungsergebnisse und verknüpft sie mit der aktuellen Situation.

 

Der Kreis Lippe entlastet seine kreisangehörigen Kommunen, indem er auf eine auskömmliche Kreisumlage verzichtet. Diese Vorgehensweise unterstützt die gpaNRW und empfiehlt, das Rücksichtnahmegebot gegenüber den kreisangehörigen Kommunen fortzusetzen und Steigerungen bei der Kreisumlage so gering wie möglich zu halten. Lob erhält die Kreisverwaltung für ihre Akquise und Bewirtschaftung von Fördermitteln: zentral, abgestimmt und „Dass die gpaNRW die Entlastung der kommunalen Haushalte sowie den Einsatz der Ausgleichsrücklage positiv hervorhebt, sehe ich ebenfalls als Bestätigung unseres Weges, den wir bei den Kreisfinanzen eingeschlagen haben“, erklärt Dr. Lehmann.

 

Erstmals war das Themenfeld Tax Compliance Management System (TCMS) Teil der Prüfung. Das TCMS dient der Überwachung und Steuerung von Steuerrisiken. Die Kreisverwaltung hat sich diesem Thema bereits frühzeitig gewidmet und gute Strukturen geschaffen. Ein vollständiges Vertragsscreening zur Bestandsanalyse sowie die Etablierung eines Fortbildungskonzeptes sind noch bestehende Handlungsoptionen aus Sicht der gpaNRW.

 

„Das IT-Profil des Kreises Lippe ist solide ausgeprägt, wenngleich Optimierungsansätze bestehen“, fasst gpa-Projektleiterin Friederike Wandmacher die Prüfungsergebnisse in einem Satz zusammen. Konkret heißt das: Die IT-Kosten sind unauffällig, das IT-Betriebsmodell bietet gute Rahmenbedingungen und die IT-Steuerung ist unterwegs, um mehr Potenziale auszuschöpfen. Die gpa-Handlungsempfehlungen sind daher, die bestehende Digitalisierungsstrategie an neue Anforderungen anzupassen und gemeinsam mit den Schulen eine IT-Sicherheitsleitlinie zu erstellen.

 

Der Bereich Hilfe zur Erziehung (HzE) stellt für den Kreis Lippe eine nicht nur eine finanzielle Herausforderung dar, aber: „Das Kreisjugendamt punktet in diesem Handlungsfeld mit einer niedrigen Falldichte und unterdurchschnittlichen Aufwendungen. Die Aufarbeitung der Fälle sexuellen Missbrauchs in der Gemeinde Lügde haben zu einer Überarbeitung der Verfahrensstandards sowie einer sehr engen Kooperation mit dem niedersächsischen Landkreis Hameln-Pyrmont geführt“, erläutert gpa-Prüfer Lars Cramer. Die strategische Grundlage durch das Zukunftskonzept 2025 wird von der gpaNRW begrüßt. Mit einer Nutzung der Kennzahlen im Rah-men des Finanzcontrollings ließen sich weitere Erkenntnisse gewinnen, so die gpaNRW.

 

Auch der Bereich Hilfe zur Pflege war Bestandteil der gpa-Prüfung. Das Lipperland weist hier besondere Strukturmerkmale auf: geringer Anteil von Pflegepersonen, hohe SGB II-Quote so-wie mehr ältere Menschen als in den Vergleichskreisen. Dennoch gelingt es dem Kreis die Aufwendungen auf einem unterdurchschnittlichen Niveau zu halten. Hierzu trägt ganz sicher auch das zur Steuerung genutzte umfassende Ziel- und Kennzahlensystem bei. „Wir empfehlen dem Kreis Lippe, die Prozesse in der Hilfe zur Pflege durch die Einführung einer elektronischen Akte weiter zu optimieren“, gibt Friederike Wandmacher eine Handlungsempfehlung aus dem Prüfungsbericht wider.

 

Die Bauaufsicht des Kreises erhält sehr gute Noten. „Die gesetzlichen Fristen hält die Bauverwaltung für die Bearbeitung von Bauanträgen ein. Die digitale Bauakte wurde fristgerecht einge-führt. Folge sind vollständig digitalisierte Genehmigungsverfahren. Es bestehen effektive und systematische Abstimmungsprozesse sowie eine kundenorientierte Bauberatung“, lobt gpa-Prüfer Theodor Grebe. Verbesserungsmöglichkeit: Die Erhebung von Laufzeiten sollte konsequent umgesetzt werden.

 

Das Vergabewesen des Kreises Lippe ist ebenfalls gut aufgestellt. „Die zentrale Vergabestelle bündelt Fachwissen und gewährleistet einheitliche Vergabeverfahren. Die örtliche Rechnungsprüfung ist in den Vergabeprozess eng eingebunden“, berichtet Theodor Grebe von effizienten Verwaltungsstrukturen. In einer Aktualisierung der Vergabeordnung besteht eine von wenigen Optimierungsmöglichkeiten.

 

Für die Verkehrsflächen hat der Kreis Lippe die Produktverantwortung inklusive Vermögens an den Eigenbetrieb Straßen übertragen. Eine webbasierte Straßendatenbank mit zahlreichen steuerungsrelevanten Daten bildet das Fundament für eine zielorientierte Verkehrsflächenerhaltung. „Tatsächlich ist es dem Kreis Lippe mit hohen Investitionen gelungen sein bilanzielles Straßenvermögen auf nahezu gleichbleibenden Niveau zu halten. Mehr als zwei Drittel aller Flächen befinden sich in einem guten Zustand“, hebt Theodor Grebe die Prüfungsresultate anerkennend hervor. Die strategische Grundlage durch das Zukunftskonzept 2025 wird von der gpaNRW grundsätzlich begrüßt. Mit einer Nutzung der Kennzahlen im Rahmen des Finanzcontrollings ließen sich weitere Erkenntnisse gewinnen, so die gpaNRW.

 

„Der Kreis Lippe verfügt über stabile Kreisfinanzen. Im Landesvergleich steht der Kreis in vielen geprüften Handlungsfeldern gut da. Die guten Organisationsstrukturen ermöglichen es Ihnen, mit den Folgen der Vielfachkrisen erfolgreicher umzugehen als andere. Die aufgezeigten Optimierungspotenziale können dabei helfen, den Kreis Lippe noch zukunftsfähiger und moderner aufzustellen. Wir als gpaNRW bleiben hierzu gerne mit Ihnen in einem konstruktiven Aus-tausch“, betont die Stellvertreterin des Präsidenten, Simone Kaspar, die Partnerschaft von Kommunen und gpaNRW. Landrat Dr. Axel Lehmann erklärt abschließend zu den Ergebnissen der gpaNRW: „Für die im aktuellen Prüfbericht aufgezeigten Handlungsempfehlungen bin ich als Landrat des Kreises Lippe dankbar. Wir verstehen die Ergebnisse als Leitlinie bei der ständigen Optimierung des Verwaltungshandelns im Interesse der Lipperinnen und Lipper.“

 

Info zur gpaNRW
Die gpaNRW ist Teil der staatlichen Aufsicht des Landes über die Kommunen und wurde im Jahr 2003 gegründet. Sie hat ihren Sitz in Herne. Ihr ist durch Gesetz und Gemeindeordnung die überörtliche Prüfung aller 396 Kommunen, der 30 Kreise sowie der Städteregion Aachen, der beiden Landschaftsverbände und des Regionalverbandes Ruhr (RVR) übertragen. Seit September 2022 leitet Simone Kaspar (Stellvertreterin des Präsidenten) die Landesbehörde. Die gpaNRW veröffentlicht ihre Prüfberichte auf ihrer Homepage unter www.gpa.nrw.de.