Was ein Auftakt: In einer hochspannenden Schlussphase hat sich der TBV Lemgo Lippe gegen die MT Melsungen einen Punkt erkämpft. Den Schlussstrich unter das 26:26 (11:12) zog ausgerechnet TBV-Neuzugang Lukas Hutecek, der sich für seinen ersten Saisontreffer wohl keinen besseren Zeitpunkt hätte aussuchen können. Sein Trainer fasste das Spektakel im Anschluss treffend zusammen: „Ich glaube, wir haben heute ein Handballspiel gesehen, das alles hatte. Die Zuschauer werden es nicht bereut haben, heute hier gewesen zu sein.“
Mit unverändertem Aufgebot gegenüber der Generalprobe beim Pixum Super Cup nahmen die die Lipper ihr erstes Saisonspiel in Angriff. Noch vor dem Anwurf erzeugten die rund 1800 Zuschauer erstmals Gänsehaut, als sie unter stehenden Ovationen die lippischen Pokalhelden in der Phoenix Contact-Arena begrüßten. Pünktlich um 19.05 Uhr pfiff Schiedsrichter Frederic Linker an – den besseren Start erwischten allerdings die Gäste.
Nachdem die Nordhessen durch Kühn und Kastening mit zwei Toren vorgelegt hatten, eröffnete Jonathan Carlsbogård den Lemgoer Torreigen und fand offensichtlich Gefallen daran. Aus dem Positionsangriff wuchtete der schwedische Rückraum-Regisseur erst zum Anschluss, dann zum Ausgleich. Noch griff bei den Lemgoer Angriffsbemühungen allerdings nicht ein Rädchen ins andere, die Melsunger Deckung ließ kaum eine Lücke, schob stets früh raus. Folglich hatten klare Wurfchancen Seltenheitswert.
Nachdem Peter Johannesson den dritten Freien wegnahm, bat Kehrmann beim Stand von 4:7 (15.) erstmals zur Auszeit. Die Gäste konnten sich in dieser Phase auf ihre berüchtigte Wurfgewalt aus dem Rückraum verlassen, blieben so auf Abstand. Es lief bereits die Schlussphase der ersten Hälfte, als der TBV in doppelter Überzahl allmählich heiß lief: Erst netzte Lukas Zerbe, dann lief Gedeón Guardiola erfolgreich einen Gegenstoß. Nach einer weiteren Johannesson-Parade markierte Zerbe pünktlich zur Halbzeitsirene das 11:12.
Kaum war der ausgelassene Jubel über den schön herausgespielten Anschluss verhallt, ging in der Phoenix Contact-Arena plötzlich das Licht aus. Stromausfall, in mehreren Teilen Lemgos. Nach einer etwa dreiviertelstündigen Unterbrechung konnte das Spiel zur Erleichterung aller Beteiligten um 20.23 Uhr fortgesetzt werden. Noch besser: Der TBV sollte den Schwung aus Hälfte eins beibehalten.
Nach einem Elísson-Doppelpack war Zerbe der erneute Ausgleich zum 14:14 vorbehalten. Noch lauter fielen die Jubelschreie aus, als Johannesson den Strafwurf von Kastening vereitelte. Wieder setzte sich MT die MT durch zwei Reichmann-Siebenmeter ab, Lemgo konterte durch Zerbe und Schagen, ehe Isaias Guardiola zum 18:18 wuchtete (45.). Als Melsungen abermals bis auf drei Tore davongezogen war, ließ Kehrmann im Angriff konsequent Überzahl spielen – und sollte mit diesem Mittel goldrichtig liegen. Als wieder Zerbe mit Anbruch der Crunchtime zum 23:23 abschloss, stand die Halle kopf.
Als Melsungens Elvar Örn Jonsson in der Schlussminute zum 25:26 traf, brauchte es eine letzte erfolgreiche Angriffswelle – und die vollendete Lukas Hutecek mit letzter Kraft zum „am Ende etwas glücklichen, aber vielleicht nicht unverdienten“ Ausgleich, bilanzierte Kehrmann die Schlusssekunden.
„Wir mussten uns heute über 60 Minuten jedes Tor hart erarbeiten, die Jungs mussten viele Zweikämpfe führen, das war Schwerstarbeit“, hatte Lemgos Trainer auch ein Lob für „bärenstarke“ Gäste parat und war sichtlich erleichtert darüber, dass seine Mannschaft durch das Überzahlspiel in den letzten zehn Minuten noch rechtzeitig Selbstverständnis in die Abschlüsse bekam. „Beide Teams haben heute alles investiert. Wir haben es geschafft, mit kleinen Zwischengalopps immer wieder auf ein Tor heranzukommen – dann war die Halle da und hat unglaubliche Stimmung gemacht. Das hat uns geholfen, im Spiel zu bleiben.“
TBV Lemgo Lippe: Johannesson (16 Paraden), Zecher; Hutecek (1), Elísson (4/1), Kogut, I. Guardiola (3), Simak, Carlsbogård (4), Schagen (1/1), Timm (2), Schwarzer, Zerbe (7/1), G. Guardiola (4), Reitemann, Blaauw.