In der lippischen Wirtschaft ist nach dem massiven Einbruch der Wirtschaft im Frühjahr dieses Jahres wieder etwas Optimismus eingekehrt. „Die lippische Wirtschaft befindet sich tendenziell auf einem leichten Erholungskurs“, informiert Volker Steinbach, Präsident der Industrie- und Handelskammer Lippe zu Detmold (IHK Lippe). Die aktuelle Lage hat sich verbessert, aber die Geschäftsaussichten werden weiterhin kritisch gesehen.
Der IHK-Konjunkturklimaindikator bleibt mit 96,2 Punkten unter der „Nulllinie“. Er ist jedoch wieder um 21 Punkte gegenüber der Blitzumfrage im Juni (75,3 Punkte) gestiegen. Zur Jahreswende lag der Wert jedoch noch bei 106,1 Punkten. Vor Corona bewegte sich die Wirtschaft auf ruhigem Kurs. Zwar fehlte der Konjunktur bereits im alten Jahr der richtige Schwung, die Welt war aber weitgehend in Ordnung. 234 Unternehmen mit knapp 20.000 Beschäftigten haben sich an der IHK-Konjunkturumfrage beteiligt. Das Gastgewerbe war traditionell nicht dabei. In diesem Bereich erfolgt die Befragung im Oktober.
Ein Viertel beurteilte die aktuelle Lage Ende August mit der Note gut. Im Juni waren dies nur elf Prozent und zur Jahreswende noch 28,2 Prozent der Antwortenden. Der starke Absturz und auch die jetzt einsetzende Erholung zieht sich durch fast alle Branchen. Nach dem Lockdown wirkten sich die stetigen Lockerungen der Einschränkungen wirtschaftlich zunehmend positiv aus. Knapp ein Drittel der heimischen Unternehmen vergaben bei der Umfrage schlechte Noten. Vor zwei Monaten waren das mehr als die Hälfte der Befragten. Zur Jahreswende lag dieser Wert nur bei einem Sechstel. Eine zweite Infektionswelle bleibt das größte Risiko für die Konjunktur.
Die Auftragsbestände sind bei mehr als sechs von zehn Unternehmen zurückgegangen und die Kapazitätsauslastung ist gesunken. Die Corona Krise beeinflusst den Gesamtumsatz in diesem Jahr bei zwei Dritteln der antwortenden Unternehmen negativ. Acht Prozent befürchten sogar, dass sich die Einnahmen mehr als halbieren werden. Diese Entwicklung wirkt sich negativ auf die Erträge aus. Erfreulicherweise spürt knapp ein Fünftel keine Auswirkungen der Pandemie und elf Prozent hofft auf ein Umsatzplus.
Die Geschäftserwartungen insgesamt sind für die nächsten zwölf Monate gespalten: 25 Prozent der heimischen Unternehmen blicken optimistisch in die Zukunft, 27 Prozent rechnen mit einer Verschlechterung. Positive Stimmen kommen aus der Industrie, der Handel blickt kritisch in die Zukunft und auch das Baugewerbe ist verhalten. Am härtesten trifft es die Dienstleistungsbranche: Messe- und Veranstaltungswesen sowie das Reisegewerbe prognostizieren negative Geschäftsperspektiven.
Drei von zehn Unternehmen arbeiten bereits wieder auf Vorjahresniveau bzw. werden im Laufe des Jahres auf das Vorkrisenniveau zurückkehren. Ebenso viele Unternehmen rechnen aber erst im Laufe des nächsten Jahres wieder mit einer normalen Geschäftstätigkeit. Bei elf Prozent der Antwortenden zieht sich die Erholung noch länger hin. Sechs Prozent sehen keinen Silberstreif am Horizont. Ein Fünftel kann die Entwicklung derzeit noch nicht abschätzen.
Erfreulicherweise hat die Krise bei knapp der Hälfte der lippischen Unternehmen keine Auswirkungen auf die Finanzierung. Die inhabergeführten heimischen Betriebe haben zur Überbrückung der Liquiditätsengpässe zum Teil Eigenkapital eingesetzt mit der negativen Folge, dass sich die Eigenkapitalquote reduziert hat. Einige Unternehmen kämpfen mit zunehmenden Forderungsausfällen sowie einer Verschlechterung des Ratings. Zur Linderung der Auswirkungen der Corona Pandemie hat fast jedes zweite Unternehmen Kurzarbeitergeld angezeigt und zum Teil auch schon abgerechnet. Ein Fünftel hat Soforthilfemittel des Bundes bzw. des Landes bekommen. Steuerstundungen, Verlustrückträge und Förderkredite helfen den Unternehmen ebenfalls ihre Liquiditätsengpässe zu lindern. Die staatliche Überbrückungshilfe hatten zum Zeitpunkt der Umfrage nur fünf Prozent der Betriebe beantragt.
Die an der Umfrage teilnehmenden Unternehmen haben infolge der Corona Krise die Investitionsausgaben stark zurückgefahren. Ein Teil der Antwortenden wollen die Investitionsbudgets in den nächsten Monaten wieder ausweiten. Der Anteil derjenigen, deren Investitionsneigung gering bleibt, ist aber weitaus höher. Hauptmotiv ist – wie vor der Krise – Ersatzbedarf, gefolgt von Rationalisierungsmaßnahmen. An Bedeutung gewonnen haben Ausgaben für Produktinnovationen.
Mit Blick auf die geschäftliche Entwicklung in den nächsten Monaten verlieren Themen wie Fachkräftemangel, Arbeits- und Energiekosten aktuell stark an Gewicht. Das gilt auch für die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen. Die Inlandsnachfrage ist mit Abstand Risikofaktor Nummer eins. Exportorientierte Unternehmen spüren ebenfalls einen stärkeren Gegenwind und auch Fragen zur Finanzierung nehmen wieder zu.
Corona hat bislang am Arbeitsmarkt kaum Spuren hinterlassen. Auf Grund der erleichterten Bedingungen wurde vielfach Kurzarbeit angezeigt und dadurch Arbeitslosigkeit vermieden. Auf diese Weise konnte die Zahl der Beschäftigten überwiegend auf Vorjahresniveau gehalten werden. Daran wird sich auch in Zukunft wenig ändern. Während im Juni nur fünf Prozent der Antwortenden planten, in den nächsten zwölf Monaten zusätzliches Personal einzustellen, ist dieser Anteil nun wieder auf über 12 Prozent gestiegen. Fast drei von zehn Unternehmen werden den Mitarbeiterstab jedoch reduzieren müssen.