90 Sekunden vor Ende der Partie rief Florian Kehrmann seine Spieler zu einer letzten taktischen Besprechung. Denn seine Mannschaft hatte in den knapp 60 Minuten zuvor hart zu kämpfen. Mit 30:28 (13:15) setzte sich der TBV Lemgo Lippe in der dritten Runde der EHF European League am Dienstagabend beim russischen Vertreter Chekhovskie Medvedi durch. „Mit einer kämpferischen Leistung haben wir am Ende knapp, aber verdient gewonnen“, sagte TBV-Trainer Florian Kehrmann im Anschluss an das Spiel.
Zum Spielverlauf: Schnell zog der TBV zu Beginn der Partie auf 3:1 weg. Ein Tor von Andreas Cederholm und zwei Elísson-Treffer brachten den Lippern die frühe Führung. Die körperlich starken Spieler von Chekhovskie Medvedi versuchten immer wieder – vor allem in Person von Alexander Kotov – aus dem Rückraum erfolgreich zu sein. Rückten die Lemgoer aus der 6:0-Abwehr heraus, um die Fernwürfe zu verteidigen, fanden die Russen ein ums andere Mal ihren Kreisläufer. Bis zur fünften Spielminute drehte Medvedi die Partie auf 3:4. Die kompakte und körperbetonte russische Abwehr machte es den TBV-Akteuren im Angriff nicht leicht.
So kam der russische Serienmeister vermehrt ins eigene Tempospiel und erhöhte bis zu 19. Minute auf 6:10. Um das eigene Offensivspiel schneller und gefährlicher zu gestalten, brachte Florian Kehrmann daraufhin Tim Suton ins Spiel. Mit Erfolg. Regelmäßig suchte der TBV-Spielmacher Eins-gegen-Eins-Situationen, zog Sieben-Meter oder traf selbst. Auch weil Lemgo sich immer wieder wegen vermeintlich leichter Fouls in Unterzahl sah, schaffte es das Kehrmann-Team trotz sechs Toren von Bjarki Elísson in Durchgang eins nicht, den Rückstand zu egalisieren. Mit 13:15 ging es in die Halbzeit.
Auch im Zweiten Durchgang mussten beide Mannschaften zahlreiche Zeitstrafen hinnehmen, wodurch das Spiel häufig etwas zerfahren wirkte. Doch der TBV kam wach aus der Kabine. Gut drei Minuten nach Wiederanpfiff hatte Lemgo das Spiel gedreht und führte mit 17:16. Aber das Team von Wladimir Maximov hielt dagegen. Pausenlos feuerte der Hallensprecher die Heimmannschaft lautstark an. Bis zur 42. Minute setzte sich Medvedi erneut auf 22:19 ab. Dabei überzeugten die Russen nicht mit einer besonders schönen, dafür aber einer effektiven Spielweise. 120 Sekunden später stellte Elísson nach einem Anspiel von Jonathan Carlsbogård den erneuten Ausgleich her.
Es dauerte zwar knapp sechs Minuten bis zur nächsten Lemgoer Führung durch Schagen, doch der TBV-Express kam folglich ins Rollen. Aus einer nun besseren Defensive zog das Kehrmann-Team das eigene Tempospiel auf und führte circa fünf Minuten vor Ende auch deshalb mit drei Toren Vorsprung, weil der eingewechselte Finn Zecher immer wieder wichtige Impulse setzte. Zwar kam Medvedi noch einmal heran, doch zwei starke Cederholm-Treffer besiegelten den zweiten TBV-Erfolg in der European League im 1900 Kilometer entfernten Tschechow. Ein Wermutstropfen war die Verletzung von Gedeón Guardiola, der im ersten Durchgang umknickte und mit einem lädierten Knöchel für den Rest des Spiels passen musste.
Kehrmann: „Wir mussten in der ersten Halbzeit zunächst einem Rückstand hinterhergelaufen. Bis zur Pause haben wir uns herangekämpft und sind gut aus der Kabine gekommen. Mit zunehmender Spieldauer wurden wir stabiler und konnten uns besser auf die etwas andere Spielweise der Russen einstellen. Schön war zudem, dass alle Spieler zu Einsatzzeiten kamen und wir am Ende zwei Punkte aus Russland mitnehmen konnten. Wir hoffen, dass die Verletzung von Gedeón nicht so schlimm ist. Das wird sich aber erst zurück in Deutschland herausstellen.“
TBV Lemgo Lippe: Johannesson, Zecher; Hutecek, Elísson (9/3), Kogut (1), I. Guardiola (2), Carlsbogård (1), Schagen (2), Geis, Schwarzer (1), Zerbe (1), G. Guardiola (1), Reitemann, Cederholm (5), Simak (2), Suton (5).